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Frauenherzen schlagen anders: Wenn Unwissenheit zum Gesundheitsrisiko wird

Frau mit blauer Bluse hält ein Herz aus Papier vor sich
© Adobe Stock

Vorab im Video: Gender Health Gap - wie sehr Frauen in der Medizin benachteiligt werden

Frauenherzen schlagen anders als Männerherzen – und genau das wird oft unterschätzt. Die teils fatalen Folgen zeigen sich besonders bei dem Thema Herzinfarkt.

Frauengesundheit wird in der Medizin noch immer zu wenig beachtet – dabei ist geschlechtsspezifische Forschung unerlässlich. Frauenkörper funktionieren anders als Männerkörper, doch lange galt der männliche Körper als allgemeingültiger Maßstab.

Bis heute fehlen in vielen Bereichen entscheidende geschlechterspezifische Daten. Das liegt unter anderem daran, dass Frauen in der Medizin lange Zeit als „kleine Männer“ betrachtet wurden. Umso wichtiger ist es, dass sich die Forschung endlich stärker auf die spezifischen Bedürfnisse und Risiken von Frauen konzentriert.

Medikamente wurden überwiegend an Männern getestet, und auch Symptome sowie Diagnosen orientierten sich am männlichen Körper. Diese Erkenntnisse wurden dann eins zu eins auf Frauen übertragen. Ein Fehler, da Frauenkörper und Männerkörper nicht nur anatomisch, sondern auch immunologisch, genetisch und hormonell unterschiedlich sind.

Dass die spezifischen Unterschiede zwischen Männern und Frauen oft ignoriert wurden, hat zum Teil weitreichende Folgen für Diagnose, Behandlung und Medikamentenentwicklung. Es führt bis heute dazu, dass Frauen in der Medizin oft unter- oder fehlversorgt werden.

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Mediziner schlagen Alarm zu Frauenherzgesundheit

Die teils fatalen Folgen zeigen sich besonders bei dem Thema Herzinfarkt. Noch immer heißt es oft, Frauen hätten atypische Symptome. Doch das stimmt so nicht: Frauen haben keine atypischen Symptome – sie haben einfach keine Männer-Symptome, sondern eben Frauen-Symptome. Genau darin liegt das Problem, denn diese werden häufig nicht richtig erkannt, was die Diagnose verzögert und die Behandlung erschwert.

All das kann für Frauen lebensgefährlich sein. In Deutschland sterben jedes Jahr rund 20.000 Frauen an einem Herzinfarkt – häufig, weil die Diagnose zu spät gestellt wird. Tatsächlich sind es fast doppelt so viele Frauen wie Männer.

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Ob bahnbrechende Behandlungen, Therapien von Long Covid oder Medikamente gegen Krebs: Ein elementarer Bestandteil für den Fortschritt in der Medizin sind klinische Studien. Doch ohne mutige, aufgeklärte Studienteilnehmende ist dieser wichtige Schritt nicht möglich.

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„Die Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Herzen sind groß – doch die Medizin denkt meist noch zu männlich“, erklärt Prof. Dr. med. Sandra Eifert, eine der wenigen Herzchirurginnen Deutschlands. So zeigen Frauen oft Symptome, die nicht immer sofort als Herzinfarkt erkannt werden. Dadurch erhalten sie im Notfall nicht die gleiche schnelle und gezielte Versorgung. Zudem benötigen sie eine auf ihre spezifischen Risiken abgestimmte Vorsorge und Therapie.

„Die Symptome von Herz-Kreislauf-Erkrankungen äußern sich bei Frauen als Rücken- oder Nackenschmerzen oder im Bauchraum, ihre falsche Einordnung schadet und kostet Leben. Frauen werden dramatisch schlechter behandelt“, sagt Prof. Dr. med. Michael Becker, Chefarzt Klinik für Kardiologie, Nephrologie und Internistische Intensivmedizin und Leiter des Frauenherz-Zentrums am Rhein-Maas Klinikum. „Sie erhalten seltener die in internationalen Leitlinien empfohlenen Medikamente, bekommen seltener und später Eingriffe am Herzen, und dann mit mehr Komplikationen.“

Leider fehlt es sowohl vielen Mediziner*innen, als auch Patient*innen an Aufmerksamkeit und Bewusstsein für derartige Risiken. Es fehlen außerdem große klinische Studien zur Frauenherzgesundheit hinsichtlich Medikation, Dosierung und Behandlungsmethoden.

Die Gender Health Gap schließen

Gender Health Gap nennt man die Geschlechterungleichheit in der medizinischen Forschung und Versorgung. Um diese Lücke zu schließen und die Missstände in der Frauengesundheit stärker ins Bewusstsein von Gesellschaft und Politik zu rücken, haben die Healthcare Frauen e.V. (HCF) – ein Businessnetzwerk von Managerinnen der Gesundheitsbranche – gemeinsam mit der Herz-Hirn-Allianz und weiteren Akteur*innen des Gesundheitswesens den #GoRed Day ins Leben gerufen, der 2025 bereits zum dritten Mal stattfand.

Das Ziel: die Stärkung des medizinischen, politischen und öffentlichen Bewusstseins für Herzerkrankungen bei Frauen.

Eine wichtige politische Forderung der Initiatorinnen des GoRed Days: Die genderspezifischen Unterschiede müssen in die Aus- und Weiterbildung von Ärzt*innen integriert werden. Damit Frauengesundheit endlich den Stellenwert erhält, den sie so dringend benötigt.

Unser thematischer Fokus liegt auf Prävention und Vorsorge, Erkennen von weiblichen
Symptomen und Förderung der gesellschaftlichen Sensibilität“
, sagt Dr. Leonie Uhl, Mit-
Initiatorin von #GoRed, Sprecherin des HCF-Beirats Gesundheitsförderung und Director
Government Affairs, Amgen GmbH. „Als Netzwerk führender Frauen der Healthcarebranche wollen wir das Gesundheitssystem verbessern und einen geschlechtssensiblen Blick etablieren. Damit Patientinnenversorgung gerecht und gut wird.“

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