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Missbrauch in der Familie – wie du es schaffst zu vergeben

Vergeben in der eigenen Familie
Vergeben in der eigenen Familie Credit: Getty Images

Vergebung in der eigenen Familie ist nicht leicht. Vor allem, wenn die Verletzungen tiefe Narben in der Seele hinterlassen haben. Dennoch gibt es Wege, mit der Vergangenheit klarzukommen. Ein Gastbeitrag von Regina Schrott.

Unsere Gastbloggerin Regina Schrott ist Autorin und Schauspielerin, Coach, Gründerin und Geschäftsführerin von Narz mich nicht® – einer Plattform für Opfer von krankhaftem Narzissmus und Menschen, die von psychischer Gewalt coabhängig sind.

Du kannst dein Möglichstes tun, fast Übermenschliches und dennoch kannst du mit deiner Vergebung nicht einfach Friede, Freude, Eierkuchen zaubern nach dem Motto: vergeben und vergessen. Vergebung ist kein Leistungssport.

Auch wenn deine Eltern möglicherweise schon sehr alt sind, es gibt für dich keinen Zeitdruck für eine Vergebung vor ihrem Tod. Deshalb höre auf, dir von unserer Gesellschaft oder deiner Familie Schuldgefühle einreden zu lassen. Es geht um dich!

Zu vielen Fotos deiner Vergangenheit siehst du ihre eigentliche Wahrheit an. Dein Lachen darauf erzwungen, aber tröstlich für den Schein nach außen. Und niemand hat es dir gedankt. Deine Tapferkeit. Dein Schweigen. Dein Runterschlucken. Deinen Schmerz. Vergeben und vergessen.

Noch einmal Nase putzen. Sonntags Kleidchen richten und lächeln. Jetzt stell dich nicht so an. Führ‘ dich nicht so auf. Was sollen denn die Leute denken? Die Leute helfen beim Vergeben wenig. Weißt du wieso? Weil sie mit ihrer eigenen Vergebungsgeschichte beschäftigt sind. Weil sie auch nicht wissen, wie das geht.

Vergib dir also zuallererst selbst. Vergib dir, dass dein Ehrgeiz am Vergeben scheitert. Was hast du nicht schon alles für deine Familie gemacht? Wie sehr wolltest du dieses Dolce Vita. Dieses herzlich laute Lachen auf Familienfesten. Dieses Hochglanzfamilienglück ohne Missbrauch hinter den Kulissen. Lass dir Zeit, deine eigene Zeit.

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Vergeben in der eigenen Familie

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Vergebung hat mit Verstehen und Verständnis zu tun. Lerne zu verstehen, was dir angetan worden ist und wozu. Frag‘ nicht: warum. Das bringt dich nicht weiter. Erforsche, was es dir selbst gebracht hat und zu welchem wunderbaren Menschen es dich gemacht hat.

Ich weiß, was ich hier schreibe, könnte sich wie eine Zumutung für dich lesen. Wisse, dass ich den Schmerz gut kenne und seit vielen Jahren mit dem Thema der Vergebung ringe, wie mit meiner ganzen Geschichte. Aber ich habe es geschafft und kann dir verraten, wie man aus dem Hamsterrad der familiären Verstrickungen herauskommt. Die folgenden Erkenntnisse verdanke ich meiner lieben Freundin Heike Kuypers.

Vielleicht sitzt du jetzt gerade auf dem Sofa während du meinen Blogbeitrag liest oder du stehst an eine Wand gelehnt da. Fühle dich einmal. Nimm dich wahr.

Wer bist du? Du bist das Ergebnis deiner Eltern.
Fühlt sich das Ergebnis, das hier sitzt, liegt oder steht, falsch an? Bist du falsch?
Nein.
Was also hat deine Mutter oder dein Vater falsch gemacht, wenn du das Ergebnis siehst?
Nichts.

Das heißt nicht, dass du gutheißen musst, was deine Eltern gemacht haben. Ich verurteile sie gerne mit dir zusammen. Sie konnten aus irgendwelchen Gründen nicht anders. Möglicherweise, weil sie wiederum sich und ihren Eltern nicht vergeben konnten, was diese ihnen angetan haben.

Ja, deine Eltern haben vermutlich emotional auf voller Linie versagt. Aber das Ergebnis ist kein Fehler – DU bist kein Fehler! Das ist die erste wichtige Erkenntnis. Du bist kein Fehlprodukt. Folglich brauchst du dich auch nicht für das Ergebnis entschuldigen, das du bist, und du brauchst auch nicht deinen Eltern vergeben. Es war nicht gut, was und wie sie es gemacht haben. Aus der Sicht des Ergebnisses war es aber nicht falsch. Verstehst du?

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Zweite wichtige Erkenntnis: Schuld und Vergebung ist in unserer Gesellschaft oft ein Tauschhandel. Du bekommst A von deinen Eltern und dafür verlangen sie B. Du gibst ihnen aber C, weil du gar nicht weißt, wie B funktioniert, aussieht, schmeckt, riecht, etc. Vielleicht, weil deine Eltern dir gar nie erklärt haben, was B für sie bedeutet. Vielleicht ist es dir aber auch gar nicht möglich, B zu geben.

Deshalb gibst du ihnen nun auch noch D und E bis Z. Aber da bleibt immer diese Schuld, weil du ihnen ja nicht B gegeben hast und sie nur B akzeptieren als Entschuldigung oder Wiedergutmachung. Genauso kann es sich auch umgekehrt verhalten. Du möchtest für den Missbrauch an dir endlich ein Schuldeingeständnis. Du möchtest, dass sie es sehen, wie schrecklich es dir damit ging und wie es dich Jahrzehnte schon in deinem Leben beeinflusst. Und sie wissen einfach nicht, wie das geht, weil…

… und damit kommen wir zur dritten Erkenntnis: Jeder Mensch hat seine blinden Flecken. Du kannst dir das so vorstellen: Wenn etwas besonders weh tut, klebt man ein emotionales Schutzpflaster darüber, damit man nicht dauernd hinschauen muss. Damit man nicht ständig daran erinnert wird.

Pflaster drüber. Weg. Nicht mehr drüber nachdenken. Nicht darüber reden. Aber der Schmerz ist dennoch da. Unter dem Pflaster halt wie so viele Missbrauchsgeschichten. Jede*r von uns hat solche Pflaster. Aber wie mit dem Schuld- und Vergebungstauschgeschäft, haben wir alle nicht dieselben Stellen abgeklebt, sondern unterschiedliche. Das macht es auch so schwierig, darüber offen zu reden.

Diese blinden Flecken beschmutzen das eigene Nest und gleichzeitig tun sie fürchterlich weh und man möchte sie endlich geheilt wissen. Doch nicht jeder Mensch hält aus, was unter dem Pflaster ist. Und das könntest du verstehen, wenn du dich an deine eigenen blinden Flecken erinnerst, über die vielleicht du nicht reden möchtest.

Jemandem zu vergeben hat also nichts damit zu tun, dass du an dir erfolgtes Leid gutheißt. Vergebung ist wie loslassen. Du hörst auf, ständig an den Pflastern anderer Menschen herumzuknibbeln.

Loszulassen macht vor allem dich selbst frei und leicht. Unbeschwerter, weil du die Last eines anderen Menschen nicht länger mit dir herumschleppen brauchst. Weil du endlich einmal tief durchatmen kannst, dein Herz nicht mehr schwer wie ein Mühlstein auf deine Lunge drückt und dir deine Gedanken deine Zähne knirschen lassen.

Nicht zu vergeben oder nicht loszulassen, macht dich taub für neue Erfahrungen und es lähmt deine Entscheidungen, weil du sie viel zu sehr abhängig von dem Schuld-Vergebungsaustausch gemacht hast. Abhängig von dem, was dich vergiftet hat über viel zu lange Zeit schon.

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Du darfst dich liebevoll umarmen. Dir zärtlich eine zweite, dritte, vierte, hundertste Chance geben. Du darfst Stopp sagen. Bis hierhin und nicht weiter. Ich vergesse nicht, was mir angetan wurde, aber ich verstehe, dass die anderen ihre Pflaster und blinden Flecken haben. Sie dürfen selbst wählen, wie sie damit umgehen. Es ändert an dir und dem Ergebnis nichts. Und das Ergebnis in deinem Leben bestimmst einzig und alleine du.

Es ist gleichgültig, wenn sie dich verständnislos anstarren oder sich empört von dir abwenden. Lächle sie an. Halte ihrem Schmerz verständnisvoll stand. Oder dreh dich um und geh. Du bist frei, wenn du vergibst. Jetzt ist der Ball bei ihnen.

in Liebe Regina Schrott eine Frau, die lange Zeit dachte, Vergebung wäre ein Leistungssport

Wenn du dich auf den Weg zu dir selbst machen und den Schmerz der Vergangenheit loslassen möchtest, mach‘ dir selbst das größte Geschenk und buche mein 8-Wochenprogramm. Es lohnt sich sehr, glücklich & frei zu sein, für dich! -> Infos unter: 8 Wochen Programm nach Missbrauch

Hinweis: Dieser Artikel dient lediglich der Information. Bei massiven psychischen Problemen nehmt euch die Zeit und wendet euch an einen Therapeuten oder Arzt eures Vertrauens. In jedem Fall: Lasst euch helfen.

-> Erste Hilfsangebote für Betroffene:
Wenn die Situation auf die Psyche schlägt, die Verletzung zu groß und eine Versöhnung unmöglich erscheint, sollte man sich nicht scheuen, sich Hilfe zu suchen. Zum Beispiel bei der Telefonseelsorge, die rund um die Uhr unter 0800 111 0111 oder 0800 111 0222 erreichbar ist.

Hilfe im Chat
Ebenfalls von der Telefonseelsorge kommt das Angebot eines Hilfe-Chats. Die Anmeldung erfolgt auf der Webseite der Telefonseelsorge. Den Chatraum kann man auch ohne vereinbarten Termin betreten, mit etwas Glück ist ein Berater frei. In jedem Fall klappt es mit einem gebuchten Termin.

Hilfe per E-Mail
Das dritte Angebot der Telefonseelsorge ist die Möglichkeit der E-Mail-Beratung. Auf der Seite der Telefonseelsorge melden Sie sich an und können Ihre Nachrichten schreiben und Antworten der Berater lesen. So taucht der E-Mail-Verkehr nicht in Ihren normalen Postfächern auf.