Manchmal braucht es einen Perspektivwechsel, um die Welt ein Stück besser zu verstehen. Das gelingt besonders gut mit Büchern, wie zum Beispiel „Mama, bitte lern Deutsch“ von Tahsim Durgun*. Es ist ehrlich, humorvoll und tief bewegend, und trifft damit mitten ins Herz.
Durguns Geschichte – eine, die viele in Deutschland lebende Menschen mit Migrationsgeschichte vermutlich nur zu gut kennen – wird allen anderen die Augen öffnen. Denn wer sich schon einmal gefragt hat, wie es sich anfühlt, in Deutschland aufzuwachsen und gleichzeitig als Kind für die eigenen Eltern als Dolmetscher zu fungieren, findet hier die Antwort.
Tahsim Durgun ist vielen bereits aus TikTok und Instagram bekannt. Mit seinem scharfen Humor und tiefgehenden gesellschaftlichen Analysen erreicht er Hunderttausende von Followern. 2024 wurde der Oldenburger für seine Arbeit mit dem Grimme-Publikumspreis, dem Blauen Panther und dem Creator of the Year Award ausgezeichnet. Dieses Jahr legte er mit seinem ersten Buch nach, das sich schnell einen Platz auf die Bestsellerlisten von Thalia und Amazon sicherte:

Tahsim wächst in einer kurdisch-deutschen Familie auf und übernimmt früh Verantwortung: Er entziffert Behördenschreiben, begleitet seine Mutter zu Arztbesuchen und liest Aldi-Werbungen am Küchentisch vor. Dabei stößt er immer wieder auf Hindernisse, die für andere nicht existieren – von Schul-Empfehlungen, die trotz guter Noten nur auf die Hauptschule führen, bis hin zu Reisen, die für ihn wegen fehlender Dokumente unmöglich sind.
Mit Intelligenz, Wortwitz und einer großen Portion Empathie erzählt er von seiner Kindheit, den Herausforderungen einer postmigrantischen Gesellschaft und seiner Liebe zu der Frau, die ihn großgezogen hat. Ein absolutes Must-read und ein Appell zu mehr Mitgefühl und Offenheit. Das hat auch der Radiosender 1Live so empfunden. Bei der Verleihung des Musikpreises 1Live Krone gewinnt Tahsim Durgun mit seinem Buch in der Kategorie »Beste Unterhaltung«.
In seiner Dankesrede richtete er deutliche Worte an Bundeskanzler Friedrich Merz. Er erklärte, dass es ihm nicht um „hochgradig innovative Geschichten“ gehe, sondern um „unerzählte“. Geschichten von Menschen wie seinen Eltern, die nach Deutschland kamen, große Lasten trugen und deren mentale Gesundheit kaum Beachtung fand – und bei denen deshalb oft wenig Raum blieb, die deutsche Sprache perfekt zu erlernen. „Ich wünschte, wir hätten einen Bundeskanzler, der begreift, dass auch meine Eltern dieses Land aufgebaut haben.“
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