Veröffentlicht inLiebe & Psychologie, Mein Leben

Frauenhaus-Mangel: Noch immer viel zu wenig Plätze für Frauen in Not

Mangel an Frauenhäusern
© Getty Images

Der dramatische Mangel an Frauenhäusern

Jede 3. Frau in Deutschland erfährt Gewalt durch ihren Partner, doch nur ein Bruchteil findet die nötige Unterstützung. Über den Mangel an Frauenhäusern.

Frauenhäuser sind oft der letzte Ausweg für Frauen, die nicht wissen, wohin. Frauen, die sich zu Hause nicht mehr sicher fühlen, weil sie von ihrem Partner geschlagen werden oder anderer körperlicher oder psychischer Gewalt ausgesetzt sind. Statistisch gesehen hat jede dritte Frau schon einmal Gewalt in ihrer Beziehung erlebt. Und jeden dritten Tag stirbt eine Frau durch ihren Partner.

Deshalb sind Frauenhäuser ein unerlässlicher Zufluchtsort für Betroffene. Dort finden Frauen nicht nur einen sicheren Zufluchtsort, sondern erhalten dort auch seelische Unterstützung und Beratung.

Dennoch gibt es in Deutschland leider viel zu wenig dieser Zufluchtsorte. Rund 400 Frauenhäuser und 7.700 Plätze gibt es derzeit. Laut der Istanbul-Konvention müsste es dreimal so viele Plätze geben, als derzeit in Deutschland vorhanden. Pro 10.000 Einwohner sieht die Istanbul-Konvention einen Familienplatz, sprich: eine Frau plus Kind, vor. Das wären also 21.000 statt der derzeit vorhandenen 7.700 Plätze.

Laut Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend, gibt es neben den 400 Frauenhäusern „über 40 Schutz- oder Zufluchtswohnungen mit mehr als 6.000 Plätzen. Hinzu kommen rund 750 Fachberatungsstellen bei Gewalt gegen Frauen. Auch für Männer, die von Gewalt betroffen sind, sowie für gewaltausübende Menschen gibt es solche Hilfsangebote.“ Das klingt wenig und das Verhältnis passt hinten und vorne nicht. So suchten im vergangenen Jahr laut bundesweiter Frauenhaus-Statistik rund 14.200 Frauen und 16.000 Kinder und Jugendliche in Frauenhäusern Schutz (Quelle Statista).

Diese Zahlen zeigen recht klar: Es braucht mehr Frauenhäuser. Frauen brauchen einen Zufluchtsort, um sich aus gewalttätigen Beziehungen und Strukturen retten zu können. Dass in Deutschland ein eklatanter Mangel an Frauenhausplätzen herrscht, ist leider ein bekanntes Problem.

Lest auch: Häusliche Gewalt: Wenn der Partner der Täter ist

Immer wieder hört man von den Mitarbeitenden der Einrichtungen, dass sie oftmals Frauen wegschicken müssten, weil sie keinen einzigen freien Platz mehr hätten. Fatal, denn Frauenhäuser können für Opfer häuslicher Gewalt lebensrettend sein.

Doch nicht nur der Platzmangel stellt ein großes Problem dar, auch die Finanzierung der Häuser ist schwierig. Die Sozialarbeiterin Annika Godau, die für den Verein Hilfe für Frauen in Not e. V. tätig ist, sagte in einem Interview mit Zeitgeschichte online: „Frauenhäuser müssen, seit ihrer Gründung, um ihre Anerkennung und finanzielle Unterstützung kämpfen. Die Frauen sind oftmals finanziell schlecht aufgestellt, was im Zusammenhang mit der unterdrückenden Abhängigkeit zu den Täter*innen steht. In vielen Bundesländern ist es leider nach wie vor so, dass sie hohe Unterkunftskosten im Frauenhaus zahlen müssen, wenn sie nicht gerade Jobcenter-Leistungen oder Sozialhilfe erhalten.“

Eine weitere Herausforderung ist, dass die durchschnittliche Verweildauer der Bewohnerinnen zunimmt. Für viele Frauen wird es immer schwieriger, eine bezahlbare Bleibe zu finden. Deshalb bleiben sie deutlich länger im Frauenhaus, als eigentlich vorhergesehen.

All das zeigt, dass es in Sachen Frauenhäuser in Deutschland noch sehr viel zu tun gibt. Denn bis dato gibt es weder einen Rechtsanspruch von Schutzbedürftigen auf einen Platz, noch eine einheitliche Finanzierung der Frauenhäuser.

Mehr Schutz soll in Zukunft das Gewalthilfegesetz bieten, das Ende Februar 2025 in Kraft getreten ist. Laut Frauenhauskoordination beinhaltet es „eine schrittweise Verbesserung des Gewaltschutzes in Deutschland mit finanzieller Beteiligung des Bundes. Ab Januar 2027 sind die Bundesländer angehalten ‚ein Netz an ausreichenden, niedrigschwelligen, fachlichen sowie bedarfsgerechten Schutz- und Beratungsangeboten in an­gemessener geografischer Verteilung sicher[zustellen]'(3). Ab 2032 besteht dann ein individueller Rechtsanspruch auf kostenfreien Schutz und Beratung für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder, unabhängig von gesundheitlicher Verfassung, Wohnort, Aufenthaltsstatus oder Sprachkenntnissen.“

Lest auch: Psychische Gewalt: Erkenne die wichtigsten Anzeichen

Wichtige Adressen und Hilfsangebote

Falls ihr oder jemand Nahestehendes, Opfer von Partnerschaftsgewalt ist, wendet euch an das Hilfetelefon für Gewalt gegen Frauen unter 08000 116 016 oder sucht euch Hilfe bei folgenden Beratungsstellen:

Bundesweite Initiative: Die Webseite stärker-als-gewalt.de
Frauenberatungsstellen: www.frauen-gegen-gewalt.de
Frauenhäuser / Frauenhauskoordinierung: www.frauenhauskoordinierung.de
Opferhilfeorganisationen: WEISSER RING e.V. (www.weisser-ring.de)

Telefonische Hilfe:
in akuten Fällen einfach die Polizei unter 110 rufen,
Telefonseelsorge unter 0800 111 0111 oder 0800 111 0222 (rund um die Uhr)
Opfertelefon des Weissen Ring e.V. unter Tel.: 116 006
Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“, Rufnummer 08000 116 016 (rund um die Uhr, kostenlos, anonym, verschiedene Sprachen dank Dolmetscher)

Stillschweigend Hilfe suchen:
Auch stillschweigend können Opfer häuslicher Gewalt mit einer kleinen Handbewegung zeigen, dass sie Hilfe benötigen und sich jemand bei ihnen melden soll. Dieses Handzeichen sollte jeder kennen.

Quellen: