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Elterntipps: So drängst du dein Kind nicht in (s)eine Geschlechterrolle

Geschlechterrollen: Wie kann man sie vermeiden?
Geschlechterrollen: Wie kann man sie vermeiden? Credit: Getty Images

Puppen, Rosa und Glitzer sind für Mädchen, Autos, Blau und Sport für Jungs. Selbst wenn wir diese Klischees als Eltern nicht bedienen, so leben wir unseren Kindern doch unbewusst alte Geschlechterklischees vor. Was können wir besser machen?

Inhaltsverzeichnis

Geschlechterrollen: Wie kann man sie vermeiden?

Elterntipps: So drängst du dein Kind nicht in (s)eine Geschlechterrolle

Mein Sohn (12) hat lange Haare. Schon seit einer ganzen Weile. Ganz bewusst hat er entschieden, dass seine Haare wachsen und lang sein sollen. Und obwohl er sehr klar kommuniziert hat, dass es genau das ist, was er will, führen die längeren Haare immer wieder zu Diskussionen – und zwar innerhalb der (erweiterten) Familie. Es wurde ihm Geld geboten, damit er sich die Haare schneiden lässt und es wurde ihm gesagt, dass er aussehen würde wie ein Mädchen, wenn er lange Haare hat.

Mein Sohn steckt die Kommentare (mittlerweile) gut weg. Er ist sehr zufrieden mit sich, und das ist die Hauptsache. Ich bin diese ständigen Diskussionen und Kommentare aber leid. Warum nur stören sich gestandene Erwachsene daran, wenn sich ein Junge die Haare wachsen lässt? Warum sind die langen Haare meiner Tochter schön, die meines Sohnes aber störend? Warum ist es so wichtig, dass man direkt sehen kann, dass dieses Kind ein Junge und jenes ein Mädchen ist? Warum drücken wir unseren Kindern so viel Geschlechterrolle auf, statt sie sich frei und ohne Druck entfalten zu lassen?

Die traurige Antwort liegt eigentlich schon auf der Hand: Die Mehrheit von uns ist damit groß geworden. Selbst wenn wir uns persönlich nicht (mehr) an geschlechtsspezifischen Äußerlichkeiten stören, wir wissen ganz genau, dass andere das aber sehr wohl tun. Wir wissen oder haben erfahren, dass ‚Auffallen‘ und ‚Anderssein‘ zu Ausgrenzung führen kann.

Klare Geschlechterrollen dienen dem Schutz

Zum Schutz unserer Kinder und sicherlich auch für uns selbst, wollen wir, dass sie dazugehören und hineinpassen. Und genau das ist das Problem. Mit den Klischees und Rollenmustern, die wir unseren Kindern aufdrängen und auch vorleben, setzen wir den Rahmen, in welchem sie groß werden. Wir zeigen ihnen zum Beispiel, dass Frauen beruflich zurücktreten, wenn Kinder in eine Beziehung kommen. Wir zeigen ihnen, dass Papa handwerklich begabter ist als Mama, oder wir machen uns darüber lustig, wenn das genau andersherum ist.

Die Geschlechterrolle ist immer verknüpft mit Erwartungen. Vor allem Erwartungen anderer. Doch statt unseren Kindern beizubringen, die Erwartungen anderer zu erfüllen, müssen wir sie lehren, dass ihre eigenen Erwartungen an sich selbst viel wichtiger sind. Aber wie macht man das?

Rollenklischees hinterfragen

Nicht alle Jungs lieben Fußball, sind sportlich und laut und nicht alle Mädchen lieben Pferde, Rosa und Glitzer. Damit unsere Kinder für sich herausfinden können, was sie mögen, müssen wir darauf achten, was wir ihnen zur Verfügung stellen. Das gilt schon für Kleidung, Hobbys und auch Spielzeug und viele andere Bereiche des Lebens.

Schon bevor der Nachwuchs überhaupt in der Lage ist, ausdrücken zu können, was ihm gefällt, treffen wir diese Entscheidungen. Wir ziehen unsere Babys entsprechend ihres Geschlechts an, wir schenken „Jungs-“ bzw. „Mädchenspielzeug“ und wir suchen aus, welchen Sport unsere Kinder machen dürfen.

Schluss damit! Ins Kinderzimmer gehören immer und unabhängig des Geschlechts Puppen, Bausteine und Autos. Allen Babys und Kindern sollte die komplette Farbpalette zur Verfügung stehen. Und Jungs können genauso gut und gern tanzen, wie Mädchen Fußball spielen.

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Verhalten nicht verbieten

Und natürlich gibt es Jungs, die einfach „jungenhaft“ sind und Mädchen, die die Klischees erfüllen. Das ist auch völlig in Ordnung. Wichtig ist, dass das Kind für sich herausgefunden hat, dass es etwas mag oder nicht mag.

Denn in erster Linie geht es darum, dass das Kind sich selbst entdeckt, seine Interessen befriedigt und nicht danach handelt, was andere von ihm bzw. seinem Geschlecht erwarten.

Stärkt das Selbstbewusstsein eures Kindes

Damit Kinder wissen, was sie wollen und was ihnen gefällt, ist es wichtig, dass sie ein starkes Selbstbewusstsein aufbauen. So bewältigen sie es, wenn sie Gegenwind erfahren für etwas, was ihnen, aber vielleicht nicht der breiten Masse gefällt.

Wir müssen unsere Kinder wissen lassen, dass es im Leben nicht darum geht, immer überall reinzupassen. Wenn man an einer Stelle aneckt, gibt es immer eine andere, in die man besser passt. Gerade in jungen Jahren ist die Familie und der Rückhalt, den Kinder hier erfahren, besonders wichtig. Denn werden sie von ihrer Familie akzeptiert und geliebt, so wie sie sind, dann haben sie immer einen sicheren Hafen, in den sie jederzeit zurückkehren können, wenn es mal schwieriger wird.

Geschlechtsneutrale Erziehung

Unter geschlechtsneutraler Erziehung verstehen viele ein Extrem. Dabei muss es gar nicht bedeuten, dass man dem Kind einen genderneutralen Namen gibt und niemandem verrät, ob es nun ein Junge oder Mädchen ist.

Das eigene Kind geschlechtsneutral oder besser gendersensibel zu erziehen bedeutet lediglich, ihm alle Möglichkeiten offenzulassen. Dazu gehört zum Beispiel, das Kinderzimmer nicht rosa für ein Mädchen oder hellblau für einen Jungen zu streichen. Gleiches gilt für die Kleidung des Kindes oder die Haare. Dem Kind sollte keine Rolle zugeschrieben werden, sondern es sollte Zeit haben, sich erst einmal selbst kennenzulernen und seine ‚Rolle‘ zu finden.

Achtet auf eure Sprache

Entscheidend dafür, Kinder frei ihrer Geschlechterrolle aufwachsen zu lassen, ist auch die Sprache. Denn die meisten Menschen sprechen anders mit und über Jungen und Mädchen. So gelten Jungs und Männer als stark und Mädchen und Frauen als das schwächere Geschlecht. Völliger Quatsch. Auch wenn Männer allgemein hin mehr Körpermasse, Größe, Gewicht und vielleicht auch Muskelkraft mitbringen, so gilt das erstens nicht für alle Männer und ist zweitens (und viel wichtiger) nicht das, was wir heute in unserem Leben an Stärke brauchen.

Mentale Stärke, Willensstärke, Durchhalte- und Durchsetzungsvermögen sind im Leben essenzielle Stärken und in denen stehen Frauen Männern in nichts nach. Wenigstens so lange nicht, bis jemand darüber urteilt. Denn ein Mädchen, das genau weiß, was es will, wird schnell als Zicke abgestempelt. Dabei ist es doch ein Zeichen von Willensstärke, wenn man sich durchsetzen will. Etwas, das man bei Jungs durchaus positiv betrachtet. Und ein Junge, der sensibel auf Situationen reagiert, der Kunst, Musik und Tanz mag, ist kein Weichei.

Um Kindern zu vermitteln, dass ihr Geschlecht nicht vorgibt, was sie vom Leben zu erwarten haben oder wer sie sind, müssen wir genauer darauf achten, wie wir mit und auch über sie sprechen. Mädchen können schlau, gewitzt, lustig und stark sein und Jungen genauso sensibel, ruhig, fleißig und brav.

Sucht weibliche und männliche Vorbilder

Als soziale Wesen ist es für Menschen völlig normal, irgendwo dazugehören zu wollen. Und deshalb kann es Kindern, aber auch jedem anderen Menschen helfen, Gleichgesinnte und Vorbilder zu finden, denen es ähnlich geht oder erging. Die einem vor Augen halten, dass es völlig in Ordnung ist, mal gegen den Strom zu schwimmen und aus der Masse hervorzustechen. Die einem Mut und Kraft geben, mit dem weiterzumachen, woran man glaubt.

Weitere Informationen zum Thema Geschlechterrollen, Geschlechtsneutrale Erziehung und vielem mehr findet ihr unter anderem auf folgenden Portalen:

Schule gegen Sexismus
Klischeefrei.de
Sozialministerium Baden-Württemberg
familienhandbuch.de

Wichtiger Hinweis zum Schluss: Die Informationen und Tipps in diesem Artikel sind lediglich Anregungen. Jedes Kind ist anders und reagiert auf seine eigene Art und Weise. Es ist deshalb wichtig, dass du auf dein Kind eingehst und so herausfindest, welcher Weg der beste für euch ist.